Nach unserem Abenteuer auf Rinca und den Begegnungen führt unsere Reise zurück nach Bali. Weg von den Drachen. Hin zu den Dämonen, Geistern und Göttern, in einer völlig anderen Welt.
(erschienen in tip, 2011)
Bali: Wer redet hier von Stress?
„Ist es nicht wahnsinnig stressig, den ganzen Tag irgendwelche Geister zu besänftigen?“ Etwas irritiert über die Frage – so in etwa als würde man uns fragen, ob es nicht anstrengend ist, sich für jeden Tag den Wecker zu stellen – aber wie immer freundlich antwortet unser Guide Kana: „Nein, bei uns gehört das zum Teil des täglichen Lebens!“ Auf Bali werden Traditionen und Familienleben gepflegt und hoch gehalten. Es gibt keinen Anlass auf Bali, der letzten hinduistischen Enklave im muslimischen Indonesien, ob die Geburt eines Kindes, der erste Zahn, der Stimmbruch, Geburtstage, Hochzeiten, Begräbnis, der nicht von einer Zeremonie begleitet wird.
In manchen Landstraßen reiht sich eine Tischlerei an die andere, ein Steinmetz an den anderen. Schnell wird klar, dass die tausendfach produzierten Figuren und Schnitzereien nicht (nur) für Souvenirläden oder europäische Einrichtungshäuser gedacht sind, sondern auf der Insel jedes Haus (mit eigenem Tempel), Garten und jeden Tempel in überquellender Pracht mit Statuen, Skulpturen, Verzierungen, bizarren Figuren und Fantasiegestalten schmücken, böse Geister abhalten und gute anlocken sollen. Zur Mittagszeit sieht man Menschen, die mit kleinen Schüsseln aus Bananenblättern oder Tellern gefüllt mit Reis, Fleisch, Obst, Keksen und Räucherstäbchen zu den Tempeln eilen, oder ihre Geschenke an Wegkreuzungen und Hauseingängen platzieren, um ihre Opfer darzubringen und zu beten. Teil des täglichen Lebens eben.
Tempelwelten
Die großen Tempel sind Anziehungspunkt vieler Touristen – mit zum Teil nervigen Begleiterscheinungen. Wenn z. B. beim Uluwatu Tempel, der hoch oben auf einer Klippe mit Blick auf die Küste und Meeresgischt im Südwesten der Insel thront, Monkey Business herrscht. Lästige Makaken fladern den Touristen Sonnenbrillen oder ähnliches, flüchten rauf auf Bäume und werden mit Essen gelockt, bis sie ihre Beute loslassen. Der Retter wird letztendlich von den Besuchern mit ein paar Münzen belohnt… Bei Sonnenuntergang dient die Kulisse auch der Aufführung des Kecak-Tanzes, bei dem eine Männergruppe mittels tranceartigen Gesängen und Bewegungen eine Geschichte erzählt.
Natur- und göttliche Gewalt treffen auch beim Felsentempel Tanah Lot aufeinander, wenn die Wellen wild gegen den Felsen, auf dem der Tempel thront, schlagen. Eine wichtige Kultstätte aus dem 10. Jhd. ist Goa Gajah, der Elefantentempel. Die Grotte wird von riesigen Dämonen bewacht, die Badeplätze mit steinernen Nymphen befinden sich gegenüber.
Kunst & Kitsch
Unsere Reise führt uns aber noch weiter nach Ubud, das für mehrere Tage unser „Wohnsitz“ und Ausgangspunkt für fantastische Ausflüge ist. Die vielen Restaurants und die Tophotellerie machen uns den Aufenthalt mehr als angenehm. Ubud selbst war einst Künstlerdorf und ähnelt heutzutage einem riesigen Freiluftbasar mit Millionen Dingen wie Sarongs, Kunsthandwerk aus Holz, Bast, Stoff , Leder sowie Schmuck und Krimskrams. Den Charme der frühen Tage hat Ubud wohl verloren, das hält uns aber nicht davon ab uns wild feilschend dem Shopping zu widmen und dadurch das erlaubte Höchstgewicht für das Fluggepäck zu strapazieren. Die Marktfrauen haben mit uns Europäern dennoch ein leichtes Spiel.
Eine besondere Art, Land und Leute möglichst nahe zu kommen, ist ein Ausflug mit Kübelautos, alten VW-Cabrios. Vorbei geht es an den Tempeln und Statuen, durch Dörfer und kleine Städte, vorbei an verfallenen Mauern, die an die Geschichten der Dschungelbücher erinnern, durch sanft-grüne Landschaften, durch Dschungel und Reisfelder. Die Reisterrassen von Jatiluwih z. B. lassen unsere Augen übergehen: ein „architektonisches“ Meisterwerk der Bauern, Stufe für Stufe, mit Wasserrinnen und Vogelscheuchen sowie kleinen Altären dazwischen.
Mitten im Dschungel besuchen wir etwa den Batu Karu Tempel am gleichnamigen Berg, etwa im 11. Jhd. erbaut. Hier verführen die Stille, die mit Moos bewachsenen kleinen Tempel und Gebäude und ein romantischer Teich zu einer Pause.
Eine Zauberwelt für sich ist der Ulun Danu Tempel auf einer kleinen Insel im Bratan See mit Ausblick auf das Vulkanmassiv. Umgeben von Seerosen und Blumen sowie einem großen Park ist er beliebtes Motiv, vor allem als Fotohintergrund verliebter Pärchen.
Größtes Heiligtum, Sitz der Götter und Muttertempel aller balinesischer Tempel ist der „Pura Besakih“ am Fuße des Vulkans Gunung Agung gelegen. Dicke Wolken verhängen sich in den obersten Gebäuden der insgesamt 200 Tempel, Schreine und sonstigen Gemäuer.
Im Osten Balis liegt Tirta Gangga, das bedeutet „Wasser des Ganges“, und ist ein Wasserpalast, erbaut 1947, repräsentativ und sehr romantisch. Mehrere Becken laden hier auch zum Baden ein.
Versteckte Dörfer
Völlig unbeeindruckt von der hinduistischen Glaubensrichtung zeigt sich das Bergdorf Tenganan. Der Ort wurde erst 1980 entdeckt; bis dahin lebten die Bewohner abgeschottet von der übrigen balinesischen Bevölkerung und pflegen nach wie vor ihren eigenen Glauben und ihre eigenen Traditionen: Sie fühlen sich als Nachfahren der Götter. So ist es auch Tradition, dass nur diese Menschen im Ort bleiben dürfen, die auch einen Ehepartner aus dem Dorf wählen. Die Häuser präsentieren sich relativ schmucklos, umso mehr beeindrucken die höchst stolzen Leute mit ihrer Handwerkskunst – und buntgefärbten Gockeln für den Hahnenkampf.
Bali ist natürlich auch Badedestination. Viele Strände, ob von Legian, Jimbaran oder Sanur Beach, können mit exklusiven Hotels und Resorts aufwarten, beherbergen eine Vielzahl von Restaurants und Bars. Den Zauber des Landes, die Freundlichkeit und die friedfertige Ruhe erfährt man vor allem im Landesinneren. Die Dämonen und Geister scheint die Bevölkerung voll im Griff zu haben.
So hat die Reise begonnen, Teil 1: http://www.textkitchen.at/indonesien-von-drachen-und-daemonen-teil-1/
Informationen
Die Autorin war im November 2010 mit Raiffeisen Reisen und China Airlines unterwegs in Taiwan, Bali und Komodo. Flug mit China Airlines Wien – Taipeh – Denpasar – Taipeh – Wien; Stopover-Programm in Taipeh (inkl. Wolkenkratzer Taipeh 101, Chiang Kai Shek Gedächtnishalle, Nachtmärkte…); Übernachtungen in sehr guten Hotels in Sanur Beach, Flores und Ubud.
www.china-airlines.com, www.raiffeisen-reisen.at